NEWS | PROJEKT | PROGRAMM | AKADEMIE | STIPENDIUM | PARTNER |
|
EHRENFELD ABCEhrenfeld besteht aus mindestens drei verschiedenen, historisch gewachsenen Stadtstrukturen. Der Kölner Architekt und Stadtplaner Jochen Scharf erläutert im folgenden wie sich diese städtebaulichen Bereiche unterscheiden, wie sich Stadtteil-spezifische Probleme wie mangelnde Durchlässigkeit verbessern ließen und wie neue Impulse im Stadtbild erfolgen könnten. Bereich A(Gürtel/Weinsberg-/Oskar-Jäger-Str./Bahnlinie/Maarweg/Vogelsanger-/Hospelt Str.) Der Bereich A ist bis ca. 1990 seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ein Industriegebiet mit großen Flächenbetrieben gewesen. Bis heute ist die Zahl der Einwohner, gemessen am Stadtteil Ehrenfeld, gering. Von ca. 33.000 Einwohnern (2000) oder ca. 35.500 Einwohnern (2010) lebten gerade mal 837 (2000) oder 808 (2010) in diesem Bereich. a) Wie kann man die großen Areale besser zugänglich machen oder wenigstens die Sperrwirkung zu Nachbargebieten aufheben? b) Welche Mängel des Stadtteils Ehrenfeld können auf dem Bereich A ausgeglichen werden, um die großen freien Flächen zukünftig positiv zu nutzen? c) Wieweit können vorhandene Großgebäude oder Flächensondernutzungen (z.B. aufgelassene Bahnlinien) mit Hilfe neuer Nutzungsarten transformiert werden? d) Kann das Erscheinungsbild des Bereichs A mit seinen Industriegebäuden bei der Transformation in eine neue Bedeutung erhalten bleiben? Für den Bereich A gibt es zwei Rahmenpläne (Rahmenplan Ehrenfeld-West 1978 und Rahmenplan Braunsfeld/Müngersdorf/Ehrenfeld 2002), um die seit 1978 in immer neuen Ansätzen in verschiedenen räumlichen Zusammenhängen bekannten Probleme unter verwaltungstechnisch relevanten Themen zu lösen:
Dieser Exkurz setzt anders an. Die eingangs gestellten Fragen beziehen sich auf
und zielen auf eine qualitative Verbesserung, die die städtischen Themen auf integrierte Weise enthält.
Im Zusammenhang mit der Netzgliederung kann auch ein 2. Mangel Ehrenfelds abgebaut werden. Das Stadtvierteil hat keine Verbindung zum äußeren Grüngürtel. Wie notwendig diese ist, sieht man an der extremen Nutzung des inneren Gürtels an Feiertagen. Die qualitative Aufwertung durch das Wegenetz in Verbindung mit Umnutzung vorhandener Gebäude und dem Neubau gemischter Wohn-Arbeitsstrukturen (GAG am Grünen Weg) bietet die Chance, das alte Industriegelände in einen Stadtteil umzuwandeln, der vor allem für neue Berufs- und Lebensformen attraktiv ist. Diese Entwicklung ist bereits „naiv“ und sehr ansehn-lich an der Lichtstraße eingeleitet worden. Man kann alle Probleme für den größeren Bereich A exemplarisch im Gebiet Ehrenfeldgürtel/Weinsbergstraße/Oskar-Jäger-Straße/Bahnlinie/Venloer Straße studieren, als Mikro-Beispiel daraus das Heliosgelände (s. Skizze 2): Es sollte festgehalten werden, dass eine im Ansatz sorgfältige, kleinteilige, auf Nachhaltigkeit bedachte Planung, die beispielhaft für das Heliosgelände stattfinden könnte, prozesshaft sein muss. Das schließt Profitinteressen nicht aus, lässt sie aber nur gleichwertig neben Interessen der Öffentlichkeit gelten. Bereich B(Gürtel/Bahnlinie/Venloer-/Leyendecker-/Subbelrather Str.) Der Bereich B bestand aus einer sehr dichten Wohnbebauung überwiegend aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, mit vielen Neubauten in Baulücken und großflächigen Gewerbebetrieben in den Blockinnenbereichen, die aber meist eingestellt oder von Betrieben mit geringer Emission belegt waren. Die Struktur gleicht der von Alt-Ehrenfeld (Bereich C) in Bezug auf Hausgrößen und Straßenbreiten. Ob auch hier die kleinen Hofgebäude von Kreativbetrieben im weiteren Sinne bereits umgenutzt werden, müsste untersucht werden. Als Vergleich könnte die Rahmenplanung Ehrenfeld-West aus dem Jahr 1978 dienen. Es bestehen jedoch Unterschiede zum Bereich C: Die Bevölkerung hat sich seit 2000 entsprechend konstant bei 10850 Einwohnern gehalten. In gleicher Weise liegt der Anteil der Bewohner mit Migrationshintergrund bei 30 % mit leicht sinkender Tendenz. Wie im Bereich A sinkt der Anteil der Jugendlichen unter 18 Jahre von 13,8 % im Jahr 2000 auf knapp 11 % in 2009 bei fast gleichem Anteil der über 65-jährigen von ca. 11 %. Im Vergleich zur Gesamtstadt liegt dieser Bereich bei den Jugendlichen um 6 % unter der Norm, bei den Alten um 4 – 7 %. Das heißt, dass hier überwiegend Erwachsene im Erwerbsalter wohnen. Über Empfänger von staatlicher Hilfe liegen keine Daten vor. Mit dieser Einschränkung kann man als sicher annehmen, dass die gegenwärtige Bevölkerung in den nächsten 10 Jahren stabil bleiben wird. Die ausgeprägten Veränderungen, die in den Bereichen A und C stattfinden werden, dürften zunächst keinen Einfluss auf den Bereich B haben. Auch weist die Analyse der Rahmenplanung 78 auf den kleinen Grundstücken oftmals 3 Arbeitsstätten aus, die dem Dienstleistungssektor zugeordnet wurden, hinzu kommt das Krankenhaus als großer Arbeitgeber. Leider liegen für Arbeitsplätze keine neuen Daten für den Bereich B vor. Im Bereich B fehlen Grün- und Freiflächen. Deswegen wäre der Leo-Amann-Park auf der westlichen Seite der Venloer Straße ein guter Ansatzpunkt für einen Grünzug zum äußeren Grüngürtel. Für eine vorsichtige Implementierung von Werkstätten oder Büros kreativer Dienstleistungen ist der Bereich B bei aller Stabilität der Bevölkerungszusammensetzung von der Baustruktur her geeignet. Im DQE sollte eine Börse für Hausbesitzer und Interessenten eingerichtet werden. Die Aktion sollte im Bereich B bekannt gemacht werden, bedingt aber, dass vorher der Bestand gründlich aufgenommen wird. FazitDie Bereiche A, B und C brauchen unterschiedliche Strategien, damit die dynamische Dienstleistung „Design“ bei der Veränderung und Rekonstruktion der Stadtbereiche eine bestimmende Rolle spielen kann. Im Bereich A ist es notwendig, dass vor allem mit der Stadt Köln ein Konsens erreicht wird
in der Frage der Erschließung und Durchlässigkeit der großen ehemaligen Industrieareale. Der eher geringe Flächenbedarf und die gute Verträglichkeit mit der Wohnfunktion lassen gerade Designberufe als prädestiniert erscheinen, Stadtviertel entstehen zu lassen, in denen die Bewohner auf neue Art Leben und Arbeiten kombinieren können. Es gibt bereits einen Ansatz dazu durch die GAG am Grünen Weg. Notwendig ist aber, dass die Stadt das Modell als politisches Ziel aktiv fördert und die Außenwirkung durch Engagement dafür verstärkt. Die Bezirkspolitiker hätten hier ein zukunftweisendes Bild für Ehrenfeld. Im Bereich B sollten die ohnehin stattfindenden Veränderungen bei der Nutzung alter Bausubstanz aufmerksam verfolgt werden, damit bei Bedarf die Design-Berufe die alten Handwerksberufe ersetzen können. Die Bevölkerungszusammensetzung dürfte davon wenig betroffen sein, da sie stabil in den Jahrgängen zwischen dem 20. und dem 60. Lebensjahr angesiedelt ist. Der Bereich C befindet sich bereits in der Entwicklung zu einem Design-Standort, bedingt durch die Baustruktur. Dennoch kann statistisch nicht beobachtet werden, dass etwa Unterpriviligierte verdrängt würden. Die Entwicklung der Nutzungsarten zum Design hin und die leichte Bevölkerungsveränderung zeigen vielmehr, dass keine Verdrängung sondern ein Ersatz von Nutzungsarten und Bevölkerungsteilen stattfindet, wie es zum normalen Lebenslauf eines Stadtviertels gehört. Bereich C kann als Selbstläufer bezeichnet werden.
|
ÜBER DEN AUTORDipl.-Ing. Jochen Scharf BDA, Architekt und Stadtplaner aus Köln, ist Autor der Rahmenplanung Ehrenfeld-Ost 1980/81. |
||
Design Quartier Ehrenfeld wird unterstützt von |